Das Aroma ist die Seele des Weins – aber wieso schmecken Weine überhaupt unterschiedlich? Letztendlich bestehen sie alle aus Trauben, also sollten doch die Unterschiede zwischen verschiedenen Rot- und Weißweinen nicht allzu deutlich ausfallen. Gedanklich richtig, inhaltlich aber leider falsch: Weinaromen entstehen aus sehr viel mehr Elementen als nur den verwendeten Rebsorten.
Die Gründe, warum Weine trotz der Verwendung fast identischer Trauben so verschieden schmecken können, sind Legion: Wie ist das Klima vor Ort, in was für einer Art Boden (Terroir) reifen die Rebstöcke, wie werden sie gepflegt, wie lange reift der Wein und in welchen Behältern findet dieser Prozess statt? Weißwein und Rotwein, der aus derselben Rebsorte hergestellt wird, kann daher komplett unterschiedlich schmecken.
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Weinaromen erkennen: 3 Geschmacksarten
Bevor Sie also eine Flasche öffnen sollten Sie in Sachen Weinaromen erkennen folgende Unterscheidung kennen…
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Primäre Weinaromen
Diese Aromen stammen von der verwendeten Rebsorte. Die Traube gibt den Geschmack vor, könnte man auch vereinfacht sagen. Primäre Weinaromen können ganz unterschiedlich ausfallen: Ein Chardonnay (Weißwein) schmeckt häufig ein wenig nach Birne oder Walnuss. Ein Cabernet Sauvignon (Rotwein) hingegen trägt häufig eine Note von Blaubeeren und Pflaumen und gelegentlich auch einen erdigen, lederartigen Geschmack.
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Sekundäre Weinaromen
Für gewöhnlich entstehen diese Aromen erst beim Produktionsprozess und primär während der Gärung. Ebenso wie die primäre Variante können auch die sekundären Merkmale komplett verschieden sein: Einige Personen erkennen beispielsweise Hefe oder auch Anteile von Milch sowie Bananen oder Papaya, mitunter spielt auch Konfitüre in dieses Aroma hinein.
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Tertiäre Weinaromen
Zuletzt ist es die Reifung des Weins im Fass, die einem Wein eine weitere Note verleiht. Abhängig vom Ort der Aufbewahrung und auch der Dauer des Aufenthalts im Fass bekommt der Wein einen leicht holzigen Geschmack, oft aber auch – ähnlich wie Whiskey beispielsweise – einen gewissen Duft nach Vanille oder feuchten Blättern. Diese Weinaromen sind übrigens bei älteren Weinen von einer entsprechend hohen Qualität besonders stark ausgeprägt.
Die Entstehung des Weinaromas ist eine enorm komplexe Angelegenheit, die nicht einfach mit der Sorte der Trauben erklärt werden kann.
Eine Rebsorte aus unterschiedlichen Ländern ruft ebenfalls unterschiedliche Ergebnisse vor: Probieren Sie beispielsweise einen Cabernet Sauvignon aus Australien und als Vergleich einen Cabernet-Wein aus Frankreich oder aus einem klimatisch vergleichbaren Land in Europa. Die Unterschiede sind selbst für ungeübte Weintrinker sofort deutlich erkennbar.
Entfaltung der Weinaromen
Um einen Wein wirklich zu genießen und alle Nuancen des Aromas zu erkennen, sollte dieser vor dem Genuss belüftet werden – Fachjargon: dekantieren und karaffieren.
Das funktioniert aber auch im Weinglas: Dazu schwenken Sie das Glas kurz (aber intensiv), wodurch Luft an den Wein gelangt und sich die genannten Weinaromen besser entfalten können. Sowohl Ihr Geruchs- als auch Geschmackssinn wird so ein wesentlich komplexeres Geschmackserlebnis bekommen.
Manche empfehlen gar das Weinglas vor dem Trinken zu "avinieren": Stand das Weinglas längere Zeit im Schrank oder Regal, sollen damit Fremdgerüche eliminiert werden, die etwa vom Schrankholz oder vom Staub stammen. Auch möglicher und störender Fremdgeschmack – von Handtuch oder Spülmittel – wird so beseitigt. Man könnte auch sagen, das Glas wird mit dem Wein getauft, den man nachher aus ihm trinken wird. Es riecht und schmeckt einzig und allein danach. Also im Kern keine ganz schlechte Idee.
Weinaromen erkennen: Typisch Rotwein!
Wenn Sie nicht ohnehin bereits passionierter Weingenießer sind, wird es Ihnen zu Beginn fast unmöglich erscheinen, einen Wein an seinem Aroma zu erkennen. Mit den Monaten und Jahren werden Sie jedoch merken, dass jede Rebsorte eine ganz eigene Handschrift trägt und später einwandfrei identifizierbar ist – ähnlich wie eine fremde Sprache, die Sie lernen und die früher oder später "ins Blut" übergehen wird.
Die verbreiteten Rotweinsorten und die Weinaromen, an denen sie einwandfrei zu erkennen sind, finden Sie in dieser Liste:
- Blaufränkisch (Lemberger) Typische Aromen: Brombeeren, Pfeffer, Pflaumen und Sauerkirschen
- Cabernet Franc Typische Aromen: Erdbeeren, grüne Paprika, Himbeeren und Veilchen
- Cabernet Sauvignon Typische Aromen: Heidelbeeren, Johannisbeeren, Leder und Tabak
- Carignan Typische Aromen: Heidelbeeren, Johannisbeeren, Lakritze und Zimt
- Dornfelder Typische Aromen: Brombeeren, grüne Paprika, Holunder und Sauerkirschen
- Malbec Typische Aromen: Johannisbeeren, Pfeffer und Veilchen
- Merlot Typische Aromen: Johannisbeeren, Kirschen, Pflaumen und Pilze
- Nebbiolo Typische Aromen: Kirschen, Rose und Veilchen
- Pinotage Typische Aromen: Pflaumen, Sauerkirschen und Schokolade
- Sangiovese Typische Aromen: Brombeeren, Kirschen, Preiselbeeren und Veilchen
- Spätburgunder Typische Aromen: Kirschen, Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren und Nelken
- Frühburgunder Typische Aromen: Kirschen, Brombeeren, schwarze Johannisbeeren und Mokka
- Syrah Typische Aromen: Johannisbeeren, Nelken, Pfeffer und Zedernholz
- Tempranillo Typische Aromen: Brombeeren, Johannisbeeren, Leder und Pflaumen
- Zinfandel Typische Aromen: Brombeeren, Johannisbeeren und Karamell
- Zweigelt Typische Aromen: Kirschen und Pflaumen
Wohlgemerkt: Je nach Wein bemerken Sie vielleicht andere Noten noch wesentlich stärker im Aroma. An dieser Stelle sind nur die typischen Weinaromen aufgelistet, die auf die meisten Weine der genannten Sorte zutreffen.
Weinaromen erkennen: Typisch Weißwein!
Falls Sie eher zum Lager der Weißweinliebhaber zählen, gibt es auch hier einige bekannte Rebsorten, die Sie an ihren typischen Weinaromen sofort erkennen können. Die wichtigsten von ihnen sind in dieser Liste aufgeführt:
- Chardonnay Typische Aromen: Äpfel, Butter, Haselnüsse, Pfirsiche und Vanille
- Riesling Typische Aromen: Apfel, Zitrone, Birne und Pfirsisch
- Chenin Blanc Typische Aromen: Äpfel, Aprikosen, Birnen, Gras und Quitten
- Gewürztraminer Typische Aromen: Akazienblüten, Veilchen, Honig, Aprikosen, Litschis, Orangenmarmelade und Rosenblüten
- Grauburgunder Typische Aromen: Ananas, Nüsse, Äpfel, Birnen und Honig
- Grüner Veltliner Typische Aromen: Grüne Äpfel, Pfeffer und Zitrus
- Müller-Thurgau Typische Aromen: Grüne Äpfel und Zitrone
- Sauvignon Blanc Typische Aromen: Würzig, Grapefruit, Heu, Stachelbeeren und Zitronen
- Silvaner Typische Aromen: Äpfel, Heu, Stachelbeeren und Quitten
- Weißburgunder Typische Aromen: Äpfel, Birnen, Quitten und diverse Zitrusfrüchte
Auch hier gilt, dass Sie in Ihrer Weinsorte womöglich andere Aromen als noch dominanter empfinden. Wir geben Ihnen nur eine Orientierungshilfe, die auf die meisten Weine zutreffen wird.
Was ist das Weinaromarad und wie nutze ich es?
Aromaräder gibt es für diverse Nahrungs- und vor allem Genussmittel und damit beispielsweise auch für Kaffee, Schokolade, Whiskey oder auch Tee.
Wein mit seinen unzähligen verschiedenen Weinaromen und Geschmackssorten eignet sich ebenfalls hervorragend, um sein Aroma über ein Rad zu präzisieren. Das Aromarad* (gibt´s hier bei Amazon für ca. 30€ zu kaufen* *Anzeige) unterscheidet sich jedoch auch je nach Herkunftsland, sodass es das eine Aromarad nicht gibt.
Wir gehen an dieser Stelle auf das Modell ein, das in Deutschland am meisten verbreitet ist und erklären kurz die Funktionsweise.
Ein Weinaromarad besteht aus drei Kreisen. Jene Kreise sind in unterschiedliche Bereiche eingeteilt, die Ihnen dabei helfen, das letztendliche Aroma eines Weins exakt zu bestimmen. Dabei arbeiten Sie sich von innen nach außen wie folgt vor:
- Der innere Kreis eines Weinaromarads ist in acht Klassen unterteilt. Sie unterscheiden beispielsweise einen fruchtigen von einem würzigen Wein oder bestimmen, ob der Wein ein eher chemisches oder florales Aroma trägt. Sobald Sie definiert haben, welches dieser acht übergreifenden Weinaromen auf Ihren Wein zutrifft, gehen Sie zum zweiten Kreis des Aromarads.
- Der mittlere Kreis unterteilt die acht Klassen des ersten Kreises noch einmal in 25 weitere Stufen. Dadurch spezifizieren Sie das Aroma des Weins genauer. Das soeben genannte Beispiel eines fruchtigen Weins unterteilen Sie so zum Beispiel in Weinaromen, die nach Beeren, Tropenfrüchten oder auch Zitrusfrüchten schmecken. Einem eher balsamischen Wein hingegen geben Sie eine Note, die nach Hölzern, Fetten oder Nüssen riecht. Nach und nach nähern Sie sich dadurch dem exakten Aroma Ihres Weins.
- Der äußere Kreis ist in 119 einzelne Aromen eingeteilt. Haben Sie sich im ersten Schritt beispielsweise für einen würzigen Wein entschieden und im zweiten Schritt genauer erfasst, dass der Wein nach Kräutern duftet, können Sie nun noch genauer feststellen, was für einen Wein Sie gerade genießen. Unterscheiden Sie hier noch einmal zwischen beispielsweise Eukalyptus, Minze oder auch geschnittenem Gras.
Letztendlich kommen Sie auf diese Weise zu einer exakten Erfassung des Aromas selbst für komplexe Weine.
Zu Beginn ist die Nutzung eines Weinaromarads jedoch schwierig, da eine ungeübte Nase nicht perfekt zwischen den einzelnen Sinneseindrücken unterscheiden kann. Der erste Schritt ist auch für gelegentliche Weingenießer noch nachvollziehbar, bereits ab dem mittleren Kreis wird es jedoch schwierig. Erst nach und nach wird das Aromarad dadurch zu einem wichtigen Teil der Weinsprache.
Die Seele des Weins
Die diversen Weinaromen folgen keiner Güteklasse. Aus der subjektiven Sicht eines Weingenießers gibt es kein "bestes Aroma": Der Riesling beispielsweise ist in Deutschland ein sehr beliebter Weißwein – was jedoch nicht heißen muss, dass sein Aroma auch Ihnen gefällt. Weinaromen bestimmen nur die Seele des Weins, aber sie geben keine Auskunft darüber, ob Ihnen der Wein auch schmeckt.
Versuchen Sie daher nicht, das beste Weinaroma erkennen zu wollen, das lässt sich kaum anhand einer Qualitätsskala beschreiben. Weingeschmack ist und bleibt höchst individuell.