Ist Rotwein gesund? Was die Forschung weiß - WineAmigos

Ist Rotwein gesund? Was die Forschung weiß

August 22, 2023Simon Linke

Rotwein ist gesund, heißt es. Schon im Altertum galt Wein als Medizin. Der antike griechische Arzt Hippokrates verabreichte seinen Patienten zum Beispiel Wein, um deren Magen-Darm-Beschwerden zu lindern oder um sie zu beruhigen. Das hat sich bis heute nicht geändert. Auch aktuell erscheinen immer wieder Studien, dass ein Glas Rotwein am Tag gesund sein soll, schlank macht und sogar das Leben verlängern soll. Wer regelmäßig und in Maßen Rotwein trinkt, lebt laut solchen Untersuchungen im Schnitt zweieinhalb Jahre länger als Abstinenzler.

Aber stimmt das oder ist das nur ein Mythos? Und wenn es wahr ist, warum ist das so? Was macht den Wein, speziell den Rotwein so gesund?

In vino sanitas: Warum Rotwein gesund ist

Der Grund hierfür sind vor allem zwei Effekte:

  • Der Alkohol-Effekt

    Der erste Effekt basiert auf dem Alkohol selbst (funktioniert also beispielsweise auch bei Bier). Regelmäßiger und maßvoller (!) Alkoholgenuss beeinflusst das Cholesterin-Verhältnis günstig. In dem Fall wird mithilfe des Alkohols der Spiegel des bösen LDL-Cholesterin im Blut gesenkt und das gute HDL-Cholesterin im Blut erhöht. Das wiederum hemmt die Verklumpung der Blutplättchen und mindert so die Thrombosegefahr. Allerdings streiten Wissenschaftler bis heute welche Menge Alkohol erforderlich ist, um diese Wirkung zu erzielen. Die Werte schwanken hier zwischen 10 und 40 Gramm am Tag (ein Glas Rotwein (200 ml) enthält rund 20 Gramm Alkohol).

  • Der Wein-Effekt

    Beim Genuss von Wein kommt hinzu, dass die Weintrauben besondere Substanzen enthalten. Dazu zählen Pflanzenstoffe wie zum Beispiel Catechine, Polyphenole und Resveratrol (auch Anti-Aging-Substanz genannt). Polyphenole kommen vor allem in der Beerenhaut und in den Traubenkernen vor, ebenso das Resveratrol. Diese sogenannten Anti-Oxidanzien sind in der Lage, freie Radikale unschädlich zu machen. Auch sie verhindern das Verklumpen der Blutplättchen, indem Sie beispielsweise das LDL-Cholesterin im Blut vor Oxidation schützen und so der Arteriosklerose vorbeugen. Die Aterienverkalkung im Alter ist eine der Hauptrisikofaktor von Herzkrankheiten. Schon vor einiger Zeit fanden Forscher der Harvard Universität heraus, dass Resveratrol den Eiweißstoff Sirtuin aktiviert. Dieser soll ebenfalls vor Krebs und Herzinfarkt schützen. Eine Mainzer Studie konnte wiederum zeigen, dass Resveratrol die Bildung von Entzündungsfaktoren hemmt.

Theoretisch funktioniert diese positive Wirkung auch mit Weißwein. Der hat aber weniger Polyphenole als Rotwein, der Effekt ist somit geringer. Auch reiner, unvergorener Traubensaft hat Polyphenole, ihm fehlt umgekehrt aber der Alkohol, sodass auch hier ein geringerer Effekt erzielt wird.

Studien: Wie komplex wirkt Rotwein auf die Gesundheit?

Seit den Achtzigerjahren gibt es immer wieder Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass bis zu zwei Gläser Rotwein pro Tag der sogenannten Arteriosklerose (Arterienverkalkung) vorbeugen sowie vor Herzkreislaufkrankheiten schützen und sogar das Alzheimerrisiko verringern. Wissenschaftler der Universität von Wisconsin-Madison und der Universität von Florida in Gainesville kamen 2009 gar zum dem Ergebnis, dass ein Glas Rotwein pro Tag die Viren-Vermehrung hemmt und das Krebsrisiko senkt. Der Professor William Ghali von der Universität in Calgary konnte indes in einer Meta-Analyse von 84 Studien im Jahr 2011 zeigen, dass Menschen mit leichtem Alkoholkonsum um ein Viertel seltener unter Herzkreislauferkrankungen leiden als Abstinenzler.

Um es klar zu sagen: Rotwein ist deswegen dennoch kein Medikament. Insbesondere wer ständig viel Alkohol trinkt, schädigt nicht nur die Leber. Auch andere Organe sowie das Immun- und Hormonsystem können in Mitleidenschaft gezogen werden (siehe auch Abschnitt weiter unten). Alkohol ist nunmal ein Zellgift.

So erklärte zum Beispiel der tschechische Professor Milos Taborsky von der Universität Prag im Jahr 2014 auf dem europäischen Kardiologenkongress in Barcelona: "Wein schützt nur dann vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wenn mindestens zwei Mal pro Woche Sport getrieben wird." Erst die Kombination von Wein und Sport würde die positiven Wirkungen des Weins auf die Gesundheit verstärken.

Unsere Rotwein Empfehlung

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Das weiß die Wissenschaft:

Trotzdem haben wir ein paar bemerkenswerte Studien gesammelt, die dem Genuss von Rotwein allerlei Gutes nachsagen:

    • Rotwein senkt das Krebsrisiko.

      Genau genommen ist Alkohol ja ein Gift. Im Übermaß konsumiert, schädigt er unsere Körperzellen und kann sogar Krebs auslösen. Doch so wie es aussieht, ist das bei Rotwein etwas anders: Laut der medizinischen Studie von Robert Sclafani von der Universität von Colorado in Denver beziehungsweise von deren assoziiertem Krebsforschungszentrum können die im Rotwein vorhandenen Substanzen das Krebsrisiko deutlich senken.

      Dazu gehören die sogenannten Polyphenole, die freie Radikale unschädlich machen sowie Resveratrol. Beide Substanzen kommen vor allem in der Beerenhaut und in den Traubenkernen vor. Eben diese Polyphenole haben eine aspirin-ähnliche Wirkung: Die Blutplättchen werden durch sie daran gehindert, zusammenzuklumpen. Vereinfacht ausgedrückt: Das Blut bleibt flüssiger. Und das wiederum schützt vor dem Herzinfarkt. Reservatrol wiederum kann beschädigte, insbesondere Krebszellen frühzeitig abtöten, sodass der Krebs erst gar nicht wuchern kann.

      Bestätigt wird das Ergebnis auch durch Studien von Karen T. Brown vom Memorial Sloan-Kettering Cancer Center. Sie beschäftigt sich schon mehr als 24 Jahre mit der Krebsforschung. Ihre rund 60 Probanden bekamen über den Beobachtungszeitraum jeden Tag ein halbes Gramm Resveratrol. Dabei zeigte sich: Das Polyphenol, das von den Zellmembranen aufgenommen wurde, half, Krebszellen in gesunde umzuwandeln.

    • Rotwein verbessert das Gedächtnis.

      Wissenschafter um Martha Clare Morris von der Rush Universität in Chicago konnten in ihrer Studie zeigen, dass das Demenz-Risiko jener Probanden, die regelmäßig ein Glas Rotwein konsumierten, deutlich unter dem derjenigen lag, die dem vergorenen Traubensaft eher abgeneigt waren.

      An der Langzeitstudie selbst nahmen rund 960 Erwachsene aus Chicago mit einem Durchschnittsalter von 81,4 Jahren teil – und das über einen Zeitraum von knapp fünf Jahren. Die Rotwein-Trinker waren nach der "Mediterranen Diät" (wie sie die Forscher nannten) im Schnitt rund 7,5 kognitive Jahre jünger als die Kontrollgruppe. Oder wie Morris selbst sagt:

      "We have been studying the effects of nutrition on dementia for 20 years and felt that it was time to consider an overall diet that incorporated all of the science on nutrition and the brain. Our study findings now suggest that Redwine substantially slows cognitive decline with age."

      Zu der Mediterranen Diät zählten neben Rotwein aber auch typisch mediterrane Speisen, wie:

      • Fisch
      • Olivenöl
      • Südfrüchte
      • Nüsse
      • Hühnchen und
      • viel grünes Gemüse



      Die Probanden der Kontrollgruppe aßen hingegen vor allem rotes Fleisch, Butter, Käse, Margarine, Süßigkeiten und Frittiertes. Bemerkenswert: Bei einigen Teilnehmern konnte die spezielle Diät gar das Alzheimer-Risiko um 53 Prozent senken; wer die Ernährung nur in Teilen umstellte kam immerhin auf ein um 35 Prozent vermindertes Alzheimer-Risiko.

    • Rotwein hält schlank.

      Eine Studie der Oregon State Universität kommt zu dem Ergebnis: Die bio-chemischen Stoffe in den roten Trauben sind hoch effektiv, Fett erst gar nicht entstehen zu lassen, also Zucker zu verbrennen statt in ihn Fett umzuwandeln und im Körper einzulagern.

      Einer dieser Stoffe – die Ellagsäure -, ein Polyphenol, sei in der Lage, das Wachstum von Fettzellen "dramatisch zu verlangsamen", schreiben die Autoren. Obendrein steigere die Säure den Metabolismus in den Leberzellen.

      Die Studie darf man aber nicht missverstehen, nach dem Motto: Wein trinken und abnehmen. Das ist natürlich Quatsch. Trauben zu essen, habe denselben Effekt. Aber das macht nicht ganz so viel Spaß.

    • Ein Glas Rotwein so gut wie Fitnessstudio.

      Zugegeben, das ist provokant, was die Forscher um Jason Dyck von der Universität von Alberta in Kanada herausgefunden haben wollen. Als sie sich mit der positiven Wirkung von Rotwein beschäftigten ging es allerdings nicht um die Frage, wie man schneller zu einer guten Figur und fitten Muskulatur (Stichworte Waschbrettbauch oder Bikinitaille) kommt. Vielmehr ging es allein um die physische Fitness, speziell von Herzfunktionen und Muskulatur.

      Und hierbei ist es vor allem das im Rotwein (in anderen Nahrungsmitteln aber auch) vorhandene Reservatol. Das hatte in den medizinischen Untersuchungen der kanadischen Wissenschaftler eine ähnlich heilsame Wirkung wie eine Stunde Sport auf dem Crosstrainer beziehungsweise im Fitnessstudio. Der Autor Jason Dyck räumt zwar selber ein, dass er seine Studie nicht so verstanden wissen will, dass die Menschen statt Sport demnächst eine Stunde lang Wein saufen. Das Rotwein-Reservatol könne aber jenen Menschen helfen, die temporär und akut zu sportlichen Übungen nicht in der Lage sind. Oder wie er es formuliert: "I think resveratrol could help patient populations who want to exercise but are physically incapable. Resveratrol could mimic exercise for them or improve the benefits of the modest amount of exercise that they can do."

    • Ein Glas Wein am Tag schützt vor Depressionen.

      Wein, sagt man so schön, hat Seele. Was aber wichtiger ist: Er ist auch gut für die Seele. So jedenfalls lässt sich das Ergebnis einer Langzeitstudie von Miguel A. Martínez-González von der Universität von Navarra in Spanien zusammenfassen. Sieben Jahre lang beobachteten er und seine Kollegen 5500 Probanden, um herauszufinden, ob und wie sich moderates (!) Weintrinken auf deren psychische Verfassung auswirken würde. Und tatsächlich: Am Ende der Studienzeit stellten die Forscher einen deutlich negativen Zusammenhang zwischen moderatem Alkoholkonsum und der Wahrscheinlichkeit, an Depressionen zu erkranken, fest. Oder etwas salopper formuliert: Wer ab und an ein Glas Wein trinkt, bleibt mental gesund.

      Die Versuchsteilnehmer – mehrheitlich zwischen 55 und 80 Jahre alt – waren natürlich gut ausgewählt: Keiner von ihnen hatte irgendein Alkoholproblem, noch war er oder sie jemals psychisch erkrankt. Sie führten einen völlig durchschnittlichen Lebenstil. Sieben Jahre lang wurden sie dann regelmäßig ärztlich untersucht, unterzogen sich gründlichen Check-Ups und füllten Fragebögen aus. Dabei zeigte sich bald, dass jene, die regelmäßig in der Woche ein oder zwei Gläser Wein tranken mental gesünder blieben als andere. Am niedrigsten war die Rate derjenigen, die zu Depressionen neigten übrigens bei den Teilnehmern, die pro Woche zwei bis sieben kleine Gläser Wein tranken.

  • Wein ist gut für die Nieren.

    Und noch ein Argument für regelmäßigen Weinkonsum: Wein ist gesund für die Nieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Wissenschaftlern um Pietro Manuel Ferraro von der Katholischen Herz-Jesu-Universität in Rom und Gary Curhan von der Harvard-Universität. Diese analysierten dazu die Daten von nicht weniger als 194.095 Patienten – insbesondere jenen, die schon mal Nierensteine oder entsprechende Symptome aufwiesen, wie etwa Blut im Urin oder Brennen beim Wasserlassen. Und siehe da – folgende Getränke reduzierten das Steinrisiko in den Nieren erheblich:

    • Bier (41 Prozent)
    • Weißwein (33 Prozent)
    • Rotwein (31 Prozent)
    • Kaffee mit Koffein (33 Prozent)
    • Kaffee ohne Koffein (16 Prozent)
    • Orangensaft (12 Prozent)
    • Tee (11 Prozent)



    Andere Getränke sollten Sie dagegen meiden – sie sind alles andere als zuträglich für die Nieren:

    • Cola und Limonaden mit Zucker
    • Cola und Limonaden mit Süßstoff
    • Punch (mit und ohne Alkohol)



    Besonders bemerkenswert: Nur 96 von 100.000 Patienten die täglich Rotwein tranken, bekamen Nierensteine, aber schon 174 von 100.000 Patienten, die den Rotwein weniger als einmal pro Woche tranken.

Soziale Gesundheit: Wein verbindet

Alkohol wirkt wie ein soziales "Gleitmittel", sagt Michael Sayette, Psychologie-Professor an der University von Pittsburgh, der dazu gerade eine Studie veröffentlicht hat. Moderates Trinken – und bitte nur moderates! – breche das soziale Eis, verstärke positive Emotionen und damit auch das Gefühl sozialer Verbundenheit.

Rund 720 Probanden nahmen an den Experimenten dazu teil. Frauen und Männer, die jeweils in Vierergruppen aufgeteilt wurden, von denen sich wiederum kaum eine(r) kannte. So eine Art feucht-fröhliches Blinddate – nur zu viert. Manche Teilnehmer tranken dann alkoholische Drinks, andere nur Placebos und wieder andere Softdrinks. Und siehe da: Unter Alkoholeinwirkung schenkten sich die Fremden häufiger ein Lächeln oder grinsten öfter gemeinsam und fühlten sich laut eigenen Aussagen schneller und besser verbunden als in den Kontrollgruppen. Auch redeten und diskutierten die Probanden intensiver miteinander. Kurzum: Sie wurden schneller gesellig.

Und hier der perfekte Wein für Euch.

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Ist Rotwein immer gesund? Die Dosis macht das Gift!

Ist Rotwein also nun generell gesund? Die Antwort lautet: Jein. Ob Rotwein am Ende gesund ist, hängt nicht zuletzt vom Lebensstil ab. Auch bei einem Glas Rotwein pro Tag gilt dasselbe wie bei allen guten Dingen: Die Dosis macht das Gift. Positiv wirkt der Weinkonsum nur, wenn er in Maßen geschieht.

Schon ein weiteres Glas ist ein Glas Wein zu viel und die einerseits positive Wirkung wird durch die schädliche Wirkung des Alkohols überschattet. So fanden beispielsweise die Forscherin Licia Iacoviello von der katholischen Universität Campobasso heraus, dass Frauen, die deutlich mehr als zwei Gläser Wein am Tag tranken, ein höheres Sterberisiko hatten.

Zwar reagiert jeder Mensch unterschiedlich auf Alkohol. Allgemein raten Mediziner und eine Richt­li­nie der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­tion (WHO) aber dazu, dass Männer die Menge von zwei Gläsern Wein pro Tag nicht überschreiten sollten (oder 30 Gramm Alko­hol). Frauen dagegen sollten pro Tag nicht mehr etwas mehr als ein Glas Wein trinken (oder 20 Gramm Alko­hol). Ein gutes und moderates Trinkverhalten entspricht sogar eher der Hälfte dieser Mengenangaben pro Tag.

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