Das kann den schönsten Wein verderben: Pelz auf der Zunge. Üblicherweise kommt die begleitende Geschmacksnote bei Weinen vor, die einige Zeit in Holzfässern, sogenannten Barriques, reifen konnten. Dann spricht der Fachmann allerdings weniger von Pelz, sondern eher von Holz oder einer leichten Toastwürze.
Ansonsten ist es aber auch hier wie mit allen Substanzen: Die Dosis macht das Gift. Ein zu dominantes pelziges Mundgefühl – und der Wein macht einfach keinen Spaß mehr.
Aber warum schmeckt Wein überhaupt holzig oder pelzig? Und woher kommt der Geschmack?
Der Effekt besitzt im Fachjargon ganz unterschiedliche Namen:
- Eichenfassnote
- Barrique-Gefühl
- Barrique-Note
- Adstringenz-Empfinden
Wie Forscher um Hanns Hatt von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) herausfanden, sind aber weder der Geschmackssinn noch unser Geruchssinn dafür verantwortlich.
Für ihre Experimente ließen die Wissenschaftler Patienten mit durchtrenntem Geschmacksnerv Rotwein verkosten. Durch die Behinderung waren sie nicht in der Lage, die oben erwähnten fünf Geschmackssinne wahrzunehmen. Die Barrique-Note aber spürten sie trotzdem auf der Zunge.
Tatsächlich nehmen wir die Eichenfassnote über den sogenannten Nervus trigeminus wahr, der unter anderem Schmerz- und Temperaturempfinden vermittelt.
Weitere Experimente am Smell and Taste Center Florida in Gainesville bestätigten das: Probanden, deren Geschmacksnerv vorübergehend betäubt wurde, schmeckten nichts, spürten das pelzige Gefühl aber weiterhin. Wurde jedoch zusätzlich der Nervus trigeminus ausgeschaltet, verschwand auch die Barrique-Empfindung.
Ausgelöst wird das Adstringenz-Empfinden übrigens durch die sogenannten Gallussäuren. Diese kommen schon in den Traubenkernen vor, aber in noch größeren Komplexen in Eichenfässern. Im Rotwein schließen sich dann viele dieser Moleküle zusammen und wirken entsprechend stark. Pelzig eben.
Extra-Tipp: Wie lange dauert der Abgang
Der Abgang beim Verkosten von Wein (auch "Finale" oder "Finish" genannt) prägt den Weingeschmack ganz entscheidend mit – denn er hallt nach. Obwohl wir den Tropfen schon heruntergeschluckt haben, nehmen wir immer noch Aromen wahr: Fruchtnoten, Säure und eben auch Bitterstoffe. Manche davon offenbaren sich auch ausschließlich erst nach dem Schlucken – im Guten wie im Schlechten.
Bei Weinliebhabern zählt der Abgang zu einem wesentlichen Qualitätskriterium – seine Harmonie genauso wie seine Dauer. Je nach Wein kann das Finale zwischen einer und mehr als zehn Sekunden andauern. Als Faustregel gilt dabei: Je länger der (positive!) Abgang, desto hochwertiger der Wein.