Nein, schmeichelhaft klingt der Name dieses Weins wirklich nicht: "Primitivo". Das weckt Assoziation zu Begriffen wie primitiv, einfach, billg.
Doch dieser Eindruck ist falsch. Es ist der frühe Reifemoment, der der Primitivo Rebsorte ihren Namen gibt. Trotz des etwas unvorteilhaften Klanges hat der rein gar nichts mit "einfach" oder "primitiv" zu tun hat. Das Wort leitet sich vielmehr vom italienischen Wort "prima", zu Deutsch: "früher" oder "vorher" ab. "Primo" bedeutet zudem "zuerst" – diese Trauben werden eben als erste reif.
Unsere Primitivo-Empfehlungen zum Kennenlernen:
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Primitivo ist eine Diva
Obendrein ist die Rebsorte eine kleine Diva: Nur handverlesen kommen die Trauben in die Kelter. Weil sie unterschiedlich schnell reifen, müssen sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten geerntet werden.
Eine weiße, wachsartige Schicht auf den Früchten sorgt dafür, dass die Trauben nicht austrocknen. Die erstklassigen Rotweine, die aus der Primitivo Rebsorte gekeltert werden, weisen aufgrund des hohen Zuckergehaltes der Trauben auch einen vergleichsweise hohen Alkoholgehalt von 13 bis 15 Volumenprozent auf. So oder so: Es handelt sich beim Primitivo um eine eher extraordinäre und recht interessante Traube.
Primitivo Wein: Die Geschichte der Primitivo Rebsorte
Der Primitivo Wein ist in Süditalien beheimatet. Genauer: in Apulien im Südosten Italiens. Dort bildet die Primitivo Rebsorte zusammen mit der Rebsorte Negroamaro die Grundlage des Weinbaus.
Sein Erbgut teilt der Primitivo Wein allerdings mit dem Zinfandel. Diese Rebsorte wird vor allem in Kalifornien in großem Stil kultiviert und gilt seit dem frühen 20. Jahrhundert als eine der wirtschaftlich bedeutsamsten Rebsorten in den Vereinigten Staaten.
Von Europa nach Kalifornien gelangte die Zinfandel-Traube wiederum schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – durch George Gibbs, einen Rebschulenbesitzer aus Long Island. Der brachte sie aus dem österreichischen Gumpoldskirchen, einem für den Weinbau bekannten Ort vor den Toren Wiens, mit in seine Heimat.
In den Vereinigten Staaten gab es bereits seit den Sechzigerjahren immer wieder Versuche, den genauen europäischen Ursprung der Zinfandel-Traube zu definieren. Dies gelang jedoch erst einem US-amerikanischen Pflanzenpathologen, dem die Primitivo-Rebsorte im Zuge einer Reise durch Süditalien auffiel.
Die genaue Identität konnte erst im Jahr 1999 wissenschaftlich bewiesen werden, als die Önologin Carole Meredith im Rahmen einer Forschungsreihe an der Universität in Davis die DNA und in weiterer Folge den gemeinsamen Ursprung von Primitivo beziehungsweise Zinfandel zweifelsfrei beweisen konnte.
Primitivo Wein war jedoch lange Zeit ausschließlich in seiner süditalienischen Heimat bekannt und wurde oft nur mit anderen Sorten verschnitten. Erst der wissenschaftliche Beweis, dass es sich bei der apulischen Rebsorte um die gleiche Traube handelt wie der international höchst populäre Zinfandel, brachte den notwendigen Imagewandel.
Trotz der wachsenden Popularität vermarkten viele Winzer in Apulien ihren Primitivo Wein aber immer noch unter dem Namen Zinfandel, da dieser aufgrund der kalifornischen Massenproduktion auf internationaler Ebene wesentlich mehr Menschen ein Begriff ist.
Erst seit etwa zehn Jahren erfreut sich Primitivo Wein wegen seines individuellen Charakters auch in Deutschland und anderen Ländern Europas wachsender Beliebtheit.
Der genaue europäische Ursprung der Primitivo Rebsorte konnte hingegen bis heute nicht genau erforscht werden. Immerhin konnten wissenschaftliche Untersuchungen bis dato ermitteln, dass der Primitivo in Italien erst seit etwa 200 bis 250 Jahren kultiviert wird.
Meredith und ihr Team fanden im Zuge ihrer Forschungen heraus, dass Primitivo und Zinfandel von der kroatischen Traube Crljenak (auf Deutsch: Der Rötliche) abstammen. Diese wird seit vielen Jahrhunderten in den Weinbergen nahe der Grenze zu Ungarn angebaut.
Die genaue Herkunft dieser alten dalmatinischen Rebsorte ist allerdings heute kaum mehr nachvollziehbar. Vermutungen legen nahe, dass Crljenak ursprünglich in weiter östlich gelegenen Gebieten wie Griechenland beheimatet war und die Illyrer sie schließlich nach Apulien importierten.
Rebsorte: Von Primitivo Salento bis Primitivo Doppio Passo
Die Rotwein-Traube wird hauptsächlich in Manduria an kargen Kalksteinhängen auf der von der Adria umgebenen Halbinsel Salento angebaut.
Auf der Karte ist das ganz einfach zu finden: Salento ist der Absatz des italienischen Stiefels – die 100 Kilometer lange und 40 Kilometer breite Halbinsel zwischen der Adria und dem Ionischen Meer, die zu Apulien gezählt wird.
Salento galt lange Zeit als Geheimtipp von Individualreisenden. Massentourismus findet man hier nicht, im Gegenteil: Das Land wirkt ursprünglich, entspannt und mediterran. Alte Städte schmiegen sich an die Küste, während dazwischen auf fruchtbaren Böden Mandeln, Oliven, Tomaten und Trauben wachsen. Das Klima ist typisch für Küstenregionen: Die Winter sind mild, die Sommer heiß. Hinzu kommen kühle Scirocco-Winde. Ein ideales Klima für den Primitivo.
Die hochwertigen Weine, die aus dieser Region stammen, sind an dem DOC-Siegel Primitivo di Manduria erkennbar.
- Neben dem eher einfachen Primitivo Salento werden auch vorzügliche Weine produziert,
- die die IGT (Qualitätserkennung) Primitivo di Puglia tragen und als hochwertige Exemplare einen exzellenten Ruf genießen.
- Unter Kennern besonders begehrt ist der Primitivo Doppio Passo, der im Zuge des namensgebenden doppelten Gangs und einer zweiten Gärung den Schalen zusätzliche Aromen und Farbpigmente entzieht.
Der Primitivo Doppio Passo wird von Weinliebhabern als tiefdunkel, besonders nuancenreich und dicht beschrieben.
Die Traube selbst gilt in der Kultur als verhältnismäßig anspruchslos und besonders widerstandsfähig gegen Krankheiten. Eine große Herausforderung für die Winzer ist jedoch das ungleichmäßige Reifeverhalten. Die Primitivo Rebsorte entwickelt unter den frühreifen Trauben viele grüne und unzureichend gereifte Beeren, die in aufwendiger und zeitintensiver Handlese und in mehreren Schritten aussortiert werden müssen.
Hinzu kommt: In den heißen Regionen kann nicht so lange gewartet werden, bis die Vollreife erreicht ist. Sonst werden die Trauben überreif. Und schon ein geringer Prozentsatz von überreifen Beeren kann bei der Produktion der Weine zu erheblichen Qualitätsverlusten führen.
Primitivo Geschmack: Der Charakter der Primitivo Rotweine
Auch wenn es sich bei Zinfandel und Primitivo rein genetisch um die gleiche Rebsorte handelt und beide die Grundlage ähnlich kräftiger Weine bilden, haben sich im Laufe der Jahrhunderte durch die klimatischen Verhältnisse der Anbaugebiete individuelle Eigenschaften der Weine herausgebildet.
In mediterran trockenen Apulien findet die Traube ideale Bedingungen, um ein charakterstarkes Aroma zu entwickeln.
- Hochwertige Rotweine aus der Primitivo Rebsorte zeichnen sich vor allem durch ihre würzigen Pfeffer-Noten und ihre an duftenden Zimt und Nelken erinnernden Aromen aus.
- Auch Noten von dunklen vollreifen Waldbeeren, Kirschen und Schokolade lässt ein Primitivo Wein deutlich erkennen. Liebhaber beschreiben ihn als fruchtig, vollmundig und kräftig und dabei durch seine weichen Gerbstoffe samtig und warm am Gaumen.
- Charakteristisch sind auch die tief rubinrote bis fast violette Farbe und die moderaten Anteile an Tannin und Säure.
Letzteres trifft besonders auf den Primitivo Doppio Passo zu, der dank seines speziellen Produktionsverfahrens mit erneuter Gärung (das in ähnlicher Weise auch dem renommierten Valpolicella Ripasso zugrunde liegt) eine auffallend intensive Geschmacksdichte und dezente Süße entwickelt.
Hier noch einmal der Steckbrief zum Primitivo Wein:
Primitivo Salento: Begleiter zu deftigen Gerichten
Durch seinen samtigen Körper und seine konzentrierten Beerenaromen ist der Primitivo Salento der ideale Rotwein zu gehaltvollen Speisen mit Rind- oder Schweinefleisch.
- Besonders mit italienischen Schmorgerichten wie Osso Bucco harmoniert der Primitivo-Wein perfekt.
- Darüber hinaus ist er der optimale Begleiter zu Gegrilltem, deftigen Eintöpfen mit Lamm oder mit mediterranen Kräutern, Sardellen und Oliven verfeinerten Pasta-Gerichten, Antipasti und Terrinen.
- Dank seiner Heimat Apulien, in deren Küche durch die Einflüsse Nordafrikas und des Nahen Ostens auch viele orientalische Zutaten Verwendung finden, passt der vollmundige Süditaliener auch hervorragend zu würzig-scharfen Gerichten mit süßlichen Noten von Rosinen und anderen Trockenfrüchten oder sogar zu fernöstlichen Currys.
- Die Aromen reifer Johannis- und Brombeeren, süßer Dörrpflaumen oder Kirschen, die einen Primitivo Doppio Passo auszeichnen, bilden am Gaumen einen harmonischen Kontrast zu Wild oder Ente, aber auch zu aromatischen Käsesorten wie etwa einem lange gereiften Ziegenkäse.
Letztlich ist dieser äußerst temperamentvolle und ausdrucksstarke Rotwein auch ideal dazu geeignet, im Rahmen geselliger Stunden für eine eindrucksvolle geschmackliche Solo-Untermalung zu sorgen.
Primitivo Empfehlung: Spitzenweine aus Apulien
Da der Primitivo Salento neben seinem unverwechselbaren Charakter auch für sein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis bekannt ist, bietet es sich an, sich nach Lust und Laune durch das Angebot der diversen Weinhändler zu kosten und so den individuellen Lieblingswein zu finden.
Wer mit deren starken Charakter Bekanntschaft machen möchte, findet gute Einstiegsweine in einem…
- Doppio Passo Salento IGT Primitivo (6 x 0.75 l)*
- Nero Marone - Rotwein IGP Primitivo di Puglia - Herkunft Italien (1 x 0.75 l)*
- Primitivo di Manduria DOP ''14'' (6 x 0.75 l)*
Die große Kunst der Kelterei in Apulien lässt sich wiederum in einem erstklassigen Wein des Winzers Gianfranco Fino* mit allen Sinnen erleben. Ob als erschwingliche Variante für den täglichen Genuss oder als kostbares Spitzenprodukt, die edlen Tropfen aus der Region Salento verlangen keine lange Lagerung und entfalten ihre komplexen Aromen bereits innerhalb ihres ersten Jahres.
Gleichzeitig kann ein hochwertiger Primitivo Puglia* aber auch problemlos viele Jahre überdauern und steht dann durch seine Nachreifung den großen französischen Rotweinen wie etwa dem weltberühmten Bordeaux um nichts nach – bewahrt sich jedoch dabei stets seine authentisch süditalienisch-mediterrane Aura. Prima!
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